Ins POTS gehen wir mal, wenn wir einen besonderen Anlass haben, dachten wir, denn die Zugehörigkeit zum Ritz-Carlton und die Patronage des Küchengottes Dieter Müller klingt erst mal teuer. Doch dann erzählten uns Freunde, dass wir schief gewickelt wären.
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Frau Mittenmang
Der nördliche Ausläufer des Prenzlauer Berges rund um den Humannplatz gehört eigentlich schon zur kulinarischen Diaspora und verbreitet deutlich weniger Schwabenglamour als das Karree einen Block weiter südlich rund um den Helmholtzplatz. Zwar gibt es bei Zia Maria in der Pappelallee eine der aufregendsten Pizzen der Stadt, die aber eher mittags oder zwischendurch. Einzig das ‚Frau Mittenmang‘ stand in diesem Kiez auf unserer Wunschliste, das allerdings schon lange und aus besonderem Grund. Weiterlesen
Anton kocht
Anton kocht – ziemlich gut sogar. Anton kocht aber nur für kurze Zeit, zumindest in seinem eigenen Restaurant. Denn Anton kocht im ‚Anton kocht‘ und das ist ein Pop-Up-Restaurant, also eines jener Etablissements, das schon am Eröffnungstag ankündigen kann, wann es wieder schließt. Denn Anton geht – nach Frankreich, im neuen Jahr. Also gibt es das Restaurant ‚Anton kocht‘ nur bis 31.12. – in den Räumlichkeiten des “Dai Ragazzi” in Schöneberg, in der Winterfeldstrasse 36, also direkt am Winterfeldplatz.
Liest man bei Facebook oder auf der Webseite des Restaurants das gastronomische Konzept, dann gewinnt man den Eindruck, hier will einer auf allen aktuellen Modewellen gleichzeitig schwimmen: Omas Küche retten, regionale Zutaten verwenden, ‚ganzes Tier’ (also nicht immer nur Filet und Keule) und saisonaler Bezug statt Flugobst. Aber mal ganz ehrlich: keiner dieser Trends ist verkehrt – also immer her damit, von uns aus auch alle auf einmal.
Wir hatten einen Tisch bestellt, was ratsam ist. Die Räumlichkeiten sind bei Pop-up-Restaurants nebensächlich aber ein bisschen Atmosphäre versprüht auch der Ex-Italiener – Wohlfühlfaktor vorhanden. Der Service war super, fairerweise müssen wir anmerken, dass wir unsere zuständige Servicekraft persönlich kennen und sie nur in der ersten Woche eingesprungen war. Bei Pop-Up-Restaurants hilft eben aus, wer gerade in der örtlichen Gastroszene etwas Zeit hat.
Anton kocht – und serviert auf kleinen Tellern
Das 3-Gang-Menü im ‚Anton kocht‘ kostet 29 Euro. Es ist völlig frei zusammenstellbar, allerdings sind die Portionen immer gleich groß. So hatte ich einen fantastischen gebratenen Wels mit gegrilltem Lauch und Dillschmand als Vorspeise, Mel ihn als Hauptgang, beide Male vom Frühstücksteller serviert und eher in Vorspeisengröße. In den meisten Restaurants wird darauf hingearbeitet, dass der Gast am Ende des Menüs satt ist, die Portionsgrößen sind unterschiedlich, je nachdem ob eine Speise im 3-Gang- oder 4-Gang-Menü, als Vorspeise oder Hauptgericht serviert wird. Nicht so im ‚Anton kocht’. Es ist ein Tapas-Konzept – nur wird der Gast nicht so recht eingeweiht. Dazu kosten etliche Gerichte im Menü einen Aufpreis und selbst mittelmäßige Esser bräuchten ob der Portionsgrößen eher 4 Gänge.
Neben dem tollen Wels begeisterte uns ein gebratener Schwefelporling, ein riesiger Pilz aus Berliner Wäldern, frisch vom Markt vor der Tür, nur in Stücke geschnitten einmal scharf angebraten und kurz durchgeschwenkt. Geschmacklich erinnern die gebratenen Stellen an Halumi, das noch fast rohe Innere zeigt dagegen einen frischen, nussigen Pilzgeschmack – das Gute wächst so nah. Die Nachspeise, Marmeladenbrot genannt, war ein Fruchtkompott mit gebratenem Graubrot und Frischkäse, kreativ und schmackhaft; Mel freute sich über eine Käseauswahl von Blomeyer, nachdem sie schon einen sensationellen Handkäse als Vorspeise genossen hatte. Anton hat ein Herz für Käsefans.
Die Weinkarte des ‚Anton kocht‘ umfasst über Hundert Positionen, weltklasse für ein Pop-Up-Restaurant, und diese sind allesamt fair kalkuliert. Jede der Flaschen wird auf Wunsch geöffnet und glasweise ausgeschenkt. Also verlebten wir einen rundum gelungenen Abend. Einziger Kritikpunkt ist die etwas schwierige Menü- und Preis-Konzeption. Wer einfach vier Gerichte a lá Carte kombiniert wird glücklich, stellt am Ende des Abends allerdings fest, dass Anton zwar sensationell kocht, allerdings nicht ganz so preisgünstig, wie es auf den ersten Blick scheint.
Hier geht es zur Webeite des ‚Anton kocht‘
Ambiente: Pop-Up-Gemütlichkeit
Preise: gehoben, wenn man satt werden will
Preis-Leistungsverhältnis: gut
Fazit: Ab zu Anton
Schlesisch Blau
Wir haben uns mal wieder nach Kreuzberg getraut. Nicht, dass es uns besondere Überwindung kostet, die Spree zu kreuzen aber solange es noch so viel in Mitte zu entdecken gibt, bedarf es immer eines besonderen Anlasses, die vergleichsweise lange Reise auf uns zu nehmen. Der Anlass war, dass wir viel Gutes über unsere Date Night Location gehört hatten: Das Schlesisch Blau.
Der Name legt es schon nahe: das Restaurant befindet sich am Schlesischen Tor, genauer gesagt in der Köpenicker Straße 1. Da wir Glück mit dem Wetter hatten, saßen wir draußen, was allerdings nur eine mäßige Aufwertung unseres Abends darstellte, denn die Tische im Außenbereich stehen direkt an der Bushaltestelle. Ein enormer Lärmpegel und dicke Dieseldämpfe im 10-Minuten-Takt muss man abkönnen, wenn man dem Schlesisch Blau einen Besuch im Sommer abstattet.
Das Konzept des Schlesisch Blau ist mit dem des ‚Der Hahn ist tot‘ identisch. Wie identisch, das war uns vorher nicht bewusst. Auch in der Köpeniker Straße steht der Suppentopf mitten im Gastraum, kommt der Salat für zwei in einer großen Schüssel und soll vom Gast am Tisch selber angemacht werden. Kleiner Unterschied: wo ‚Der Hahn ist tot‘ den Salat mit ein paar Nüssen aufwertet, bietet das Schlesisch Blau ausschließlich Blattsalate, dafür aber ein gutes Dutzend selbst aromatisierte Kräuter- und Frucht-Essige zur freien Auswahl. Gerade für uns Essigmenschen war das ein großer Spaß und Erdbeeressig unser Favorit. Als Hauptgang wählten wir die Fleisch-Variante und es gab geschmortes vom Kalb. Das schmeckte sehr ordentlich, kam als reichliche Portion, ließ aber den letzten Kick vermissen.
Besonders gefreut hat uns die nette Beratung in Sachen Wein. Eine Weinkarte gibt es nicht aber wenn der Kellner mit Leuchten in den Augen ruft: ‚Die Weinkarte bin ich‘ und dann bereitwillig kompetent berät, fühlen wir uns wohler als mit einem Wälzer im Telefonbuchformat. Die ausgeschenkten Weine waren gut und günstig.
‚Futtern wie bei Muttern‘, fiel uns spontan ein als Zusammenfassung unserer Erfahrung mit der Küche des Schlesisch Blau. Wer keine Lust auf Kochen hat und sich den Bauch für 20 Euro mit solider regionaler Küche mehrgängig füllen möchte, der ist im Schlesisch Blau bestens aufgehoben. Kulinarische Highlights bietet das Restaurant aber eher nicht.
Hier geht es zur Facebook-Seite des ‚Schlesisch Blau‘
Ambiente: draußen sehr urban, drinnen gemütlich
Preise: günstig
Preis-Leistungsverhältnis: sehr gut
Fazit: Preiswert und lecker
Der Hahn ist tot
Letzten Donnerstag verbrachte wir die wohl günstigste Date Night seit langem. Dabei mussten wir keine Askese üben, wir besuchten schlicht ein Restaurant, das es uns unmöglich machte viel Geld loszuwerden. Der Spass kam trotzdem nicht zu kurz, auch weil wir kein Problem damit haben, mal mit Abstand die ältesten Gäste in einem Laden zu sein.
Das Restaurant ‚Der Hahn ist tot‘ befindet sich direkt am Zionskirchplatz. Wir schauten aus unserem Fenster direkt auf die Kirche. Die Einrichtung ist simpel, rustikal aber gemütlich und passt bestens zum jungen Publikum, das zumindest bei unserem Besuch zu 80% aus Frauen bestand. 15 Tische mögen es sein und an geschätzten zehn davon saßen fröhliche Mädelsrunden, der Lärmpegel war animierend, die Stimmung enorm fröhlich.
Der tote Gockel ist ein Konzeptrestaurant – nicht Schickimicki, sondern geerdet. Es gibt ein ländliches Vier-Gang-Menü deutscher oder französischer Prägung und das kostet 20 Euro. Gesetzt ist der zweite Gang, ein Salat, sowie der vierte, das Dessert. Zum Start hatten wir die Wahl zwischen einer Topinambur-Suppe und einem mit Gruyère überbackenen Chicorèe, beim Hauptgang standen der immer verfügbare Coque au Vin, ein Boeuf Bourguignon, Dorade aus dem Ofen oder als vegetarische Variante ein gebackener Ziegenkäse zur Auswahl. Wir wählten die beiden Vorspeisen sowie das Bouef und den Ziegenkäse, der mit Rosmarin-Quitten auf Möhren-Kartoffelpüree serviert werden sollte.
Die Vorspeise stand ratzfatz auf dem Tisch, was auch daran lag, dass die Suppe in einem großen Warmhaltetopf auf einer Kommode im Gastraum steht. Suppenesser bedienen sich selbst und die Küche muss sich lediglich um eine Vorspeise kümmern. Um keine Hektik aufkommen zu lassen achtet der sehr nette Service darauf zwischen allen Gängen eine zehnminütige Pause einzuhalten. Die Topinamburcreme war sehr lecker, ebenso die überbackene Zichorie und das zu beidem gereichte Brot. Ein weiterer Gag und Beitrag zur Gemütlichkeit auch die Präsentation des Salates: Er kam in einer Schüssel als Portion für zwei. Der Gast macht ihn sich selber an mit Oliven- oder Walnussöl, Himbeer oder Estragonessig. Im Salat fanden sich Birnenspalten und frisch geröstete Haselnüsse, mit Himbeeressig und Walnussöl ein Gedicht.
Abzüge gab es beim Hauptgericht. Der Ziegenkäse war innen kalt und das Bouef war recht trocken. Es war mit Fleisch aus der Keule zubereitet, was zwar dem gängigen Rezept entspricht, in der guten Gastronomie aber häufig durch Ochsenbacke oder anderes etwas marmoriertes Fleisch ersetzt wird, damit es saftig bleibt. Lecker schmeckte beides allemal. Das Dessert war eine Zitronentarte, die mit einem herrlich lätschigen Teig genau richtig daher kam und unser Dinner würdig ausklingen ließ.
Als nette Idee empfanden wir, dass die Apfelschorle in der Karaffe serviert und in die Weingläser gefüllt wurde, wie der Service überhaupt sehr aufmerksam und herzlich war. Bei 5 Euro für den halben Liter Apfelschorle brachten wir es also gerade mal auf 50 Euro für ein gelungenes Mehrgangmenü. Das Team vom ‚Der Hahn ist tot‘ kocht ehrliche Gerichte aus einfachen Zutaten, die dann zu sehr zivilen Preisen aufs netteste an den Tisch der fröhlichen Gemeinde gebracht werden. Herz, was willst Du mehr?
Hier geht’s zur Webseite vom ‚Der Hahn ist tot‘
Ambiente: urig, einfach und gemütlich
Preise: günstig
Preis-Leistungsverhältnis: großartig
Fazit: Frohsinn!